Stadt prüft WLAN Antrag unzureichend
Drei Anläufe für ein WLAN in Magdeburg
Der Wunsch nach einem frei zugänglichen WLAN-Netz in Magdeburg besteht schon seit einigen Jahren. Bereits 2009 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen entsprechenden Antrag (A0119/09) eingebracht. In der Stellungnahme der Stadt (S0238/09) wurde seinerzeit auf zu hohe Kosten und Initiativen der Privatwirtschaft verwiesen.
Im Jahre 2013 versuchte die FDP-Ratsfraktion einen weiteren Anlauf (A0019/13).
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Möglichkeiten zur Einführung eines W-LAN Zugangsnetzes mit ausgewählten Standorten – bevorzugt an belebten Straßen und Plätzen im Stadtzentrum, zusätzlich zu den derzeit gegebenen lokalen W-LAN-Nutzungsmöglichkeiten in Gaststätten und Hotels – zu erschließen, um einer breiten Anzahl von Nutzern die Möglichkeit zu geben, zeitweise kostenlos im Internet zu surfen. Dabei sind die Erfahrungen und Ergebnisse der Realisierungen von derartigen W-LAN-Netzen mit Partnern für Bürger und Touristen in Berlin und Potsdam sowie andere Lösungsangebote, wie beispielsweise von bluespot/Wall AG, in geeigneter Form für den Aufbau eines solchen WLAN-Netzes in Magdeburg zu nutzen.
Im Laufe des Jahres taucht in den Protokollen MDCC als Partner auf, woraufhin die Vorlage geändert wurde. Interessant ist hierbei das Protokoll des Ausschusses für Regionalentwicklung, Wirtschaftsförderung und kommunale Beschäftigungspolitik vom 29. August 2013.
Auf einmal hieß es:
(…) Dabei sind in Zusammenarbeit mit der MDCC GmbH oder anderen interessierten Partnern Angebote (…) zu erstellen. (A0019/13/1).
Was aus den Protokollen nicht hervorgeht: Ende des Jahres unterzeichnet der OB eine Kooperationsvereinbarung mit MDCC. Im Januar 2014 gibt es den ersten »Otto-Hotspot«, weitere folgen im Laufe von 2014 und bis heute (siehe bspw. 1, 2). MDCC durfte Hotspots an städtischen Einrichtungen entlang des Breiten Wegs installieren. Die entsprechenden Vereinbarungen scheinen nicht öffentlich zugänglich zu sein. Wer beispielsweise den Strom für die Geräte zahlt ist uns unbekannt. (2014-08-07: „Otto-Hotspot“: MDCC errichtet 2014 freies WLAN-Netz in der Magdeburger Innenstadt – Kooperationsvereinbarung im Alten Rathaus unterzeichnet.
Auf der Internetseite der Stadt Magdeburg sind bis heute nur W-LAN Zugangspunkte der Firmen Kabel Deutschland und MDCC verlinkt.
Freifunk in Magdeburg
Parallel dazu sind wir im Sommer 2014 mit Freifunk an den Start gegangen und haben im September 2014 zum ersten Mal Kontakt mit der Stadt (Stadtbeigeordneter Nitsche) aufgenommen um diese möglicherweise zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Herr Nitsche verwies jedoch in dem Gespräch auf den Stadtrat, um eine Prüfung einer möglichen Kooperation zu legitimieren.
Somit nahmen wir Kontakt zu unterschiedlichen Fraktionen im Stadtrat auf und es wurden Gespräche u.A. mit Räten der CDU, SPD und Grünen geführt.
In der Stadtratssitzung im November 2014 stellen die Grünen einen Antrag (A0162/14) an den Stadtrat mit folgendem Text:
Der Oberbürgermeister wird gebeten zu prüfen, inwieweit die Landeshauptstadt Magdeburg die Freifunk Magdeburg Gruppe bei der Etablierung eines Bürgernetzwerkes in der Stadt unterstützen kann, welche Bereiche sich dafür eignen und wie weitere Partner einbezogen werden können.
Der Änderungsantrag A0162/14/1 der CDU/FDP/BfM (Änderung des Textes in »… wird gebeten zu prüfen, ob die Landeshauptstadt Magdeburg …«) wurde im Stadtrat einstimmig beschlossen. (Video)
Am Montag hat die Stadt nach gut vier Monaten Bearbeitungszeit ihre Stellungsnahme zum Stadtratsbeschkuss aus dem November im Ratsinformationssystem veröffentlicht. In der Information I0044/15 heißt es:
Im Rahmen der bisherigen Diskussionen um ein kostenloses WLAN-Angebot in der Innenstadt wurde durch die Stadträte und Fraktionen betont, dass ein derartiges Vorhaben nicht mit finanziellen Mitteln der Kommune umgesetzt werden soll. Ingesamt handelt es sich nach Auffassung der Stadtverwaltung um eine Aufgabe des privaten Sektors, in den die Kommune nicht einwirken soll.
Hier zeigt sich, das die Verwaltung der Stadt sich nicht mit dem eigentlichen Antrag auseinander gesetzt hat. Bereits im Gespräch mit der Verwaltung im September 2014 (also zwei Monate vor dem Stadtratsbeschluss) hatten wir darauf hingewiesen das Freifunk keine kommerziellen Interessen verfolgt und dass eine mögliche Kooperation kostenneutral für die Stadt sei. Der Prüfantrag wurde im November ohne Diskussion einstimmig beschlossen, sodass sich die Diskussion in der Antwort der Verwaltung vermutlich auf einen anderen Antrag und Zeitpunkt bezieht.
Wir haben seit dem Stadtratsbeschluss keinerlei Anfragen der Verwaltung bekommen und auch unsere Hinweise auf die MACC Studie wurden nicht berücksichtigt.
Zum eigentlichen Beschluss äußert sich Herr Nitsche wie folgt:
Die Stadtverwaltung verweist dazu vorab auf den Antrag A0119/09 und die Stellungnahme S0238/09 mit detaillierten Ausführungen zu einem öffentlich zugänglichen Zugangsnetz für Magdeburg aus damaliger Sicht
Zum Prüfauftrag für ein mobiles W-LAN im ÖPNV wird auf die I0116/14 und den ihr zu Grunde liegenden Stadtratsbeschluss verwiesen.
Auch hier zeigt sich die aus unserer Sicht ungenügende Bearbeitung des Antrags. WLAN im Nahverkehr war nicht Teil des Stadtratsbeschlusses.
Wir sind von diesem Ergebnis der Prüfung einer möglichen Kooperation von Seiten der Stadt und der vom Verhalten der SPD-Fraktion enttäuscht und warten weiter auf die Äußerungen der Stadt und der Stadtratsfraktionen.
Am Mittwoch haben wir alle Oberbürgermeisterkandidaten um eine Stellungsnahme zu diesem Verhalten der Stadt sowie die Positionierung zu Infrastruktur in Bürgerhand (wie Freifunk) gebeten und werden die Antworten dann auch veröffentlichen.
Nachtrag: Stellungsnahmen der OBM-Kandidaten
In anderen Städten hat man die Schwierigkeiten mit kommerziellen Anbietern erkannt und steht der Zusammenarbeit miT Freifunk-Initiativen bereits offener gegenüber. Über die Stadt Osnabrück schreibt dieser Tage die NOZ:
Osnabrück. Der Stadtrat hat ein großes Ziel: flächendeckendes, kostenloses WLAN für alle Osnabrücker.
[…]
In einer Vorlage fordern sie die Stadt auf, „das bürgerschaftliche Engagement des Freifunk-Projekts zur Bereitstellung von öffentlichen, kostenlosen WLAN-Zugriffspunkten“ zu unterstützen. Die Stadt solle dafür den Einsatz von gestifteten Geräten (Router und Antennen) an stark frequentierten öffentlichen Gebäuden und Plätzen prüfen, die sachgerechte Installation ermöglichen und die anfallenden Stromkosten übernehmen.
Außerdem sollen städtische Beteiligungen, Kultureinrichtungen, Interessengemeinschaften und die Öffentlichkeitsarbeit in den Prozess eingebunden werden, um perspektivisch eine benutzerfreundliche, nahezu lückenlose Flächenabdeckung zu erreichen.
Wir sind offen für eine Zusammenarbeit mit der Stadt Magdeburg und würden uns über jedes Entgegenkommen freuen.
Nachtrag: rechtliche Einschätzung von Freifunk der Anwaltskanzlei Hubrig (Berlin) (pdf)
Nachtrag: Stadtrat Magdeburg zur Informationsvorlage der Verwaltung
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